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Anlegen im Tiefzinsumfeld

19.02.2020

Mit sogenannten strukturierten Produkten lassen sich die Markterwartungen eines Anlegers abbilden. BILD ZVG, TEXT ROBERTO CALLIGARO

Mit gewissen strukturierten Produkten können ansprechende Erträge generiert werden, auch wenn sich die Märkte seitwärts bewegen. Doch wie funktionieren diese Anlagealternativen überhaupt?

Die Negativzinsen und ihre Folgen dominieren die Gespräche über die Finanzen nun schon seit Jahren. Zwar sind Privatkunden und ihre Konten bisher weitgehend davon verschont geblieben. Doch das Geld einfach auf einem Sparkonto zu belassen, bringt in einem Tiefzinsumfeld kaum mehr Erträge. Was also tun? In strukturierte Produkte investieren, ist gegenwärtig der Rat unseres Finanzexperten. Doch was versteckt sich hinter diesem abstrakten Begriff?

Strukturierte Produkte
Als «strukturiertes Produkt» bezeichnetman ein Finanzprodukt, das aus einem oder mehreren Basiswerten und zusätzlich noch einer derivativen Komponente besteht Diese Finanzprodukte ermöglichen es Privatanlegern, auf bestimmte Börsenszenarien zu setzen. Die innovativen und flexiblen Anlageinstrumente stellen eine Alternative zu direkten Finanzanlagen wie etwa dem Kauf von Aktien dar. Ein Anleger investiert beispielsweise mit einem Renditeoptimierungsprodukt einen bestimmten Betrag und erhält – weitgehend unabhängig von den Kursschwankungen der zugrunde liegenden Basiswerte – nach einer bestimmten Laufzeit sein Geld sowie einen vordefinierten Zins zurück. Für diese Rückzahlung müssen jedoch bestimmte vereinbarte Bedingungen erfüllt sein.

Wie sind strukturierte Produkte aufgebaut?
Die beiden Hauptbestandteile eines strukturierten Produktes sind der Basiswert und das Derivat – über sie wird die Markterwartung eines Anlegers abgebildet. Basiswerte können Wertpapiere, etwa Aktien, Aktienkörbe oder Anleihen, finanzielle Kennzahlen (Börsenindizes) oder Handelsgegenstände (Währungen, Rohstoffe, Edelmetalle) sein. Das Derivat umfasst die vertraglichen Vereinbarungen der Parteien. Sein Wert wird vom zugrunde liegenden Basiswert zu einem bestimmten Zeitpunkt abgeleitet.

Wo sind die Rahmenbedingungen ersichtlich?
Alle Bedingungen des Produktes werden im sogenannten Termsheet, einem zentralen Produktblatt, festgehalten. Neben einem allgemeinen Beschrieb sind hier unter anderem die Basiswerte definiert, Rendite, Laufzeiten und Daten notiert, Rückzahlungskonditionen aufgelistet sowie die Risiken des Produktes beschrieben. Definiert sind auch Elemente wie die Barriere (eine bestimmte, beim Abschluss eines Produktes festgelegte (Unter­)Grenze, bei der eine vordefinierte Option ausgelöst wird) oder der Trigger (eine entscheidende Kursschwelle, die eine vorzeitigen Rückzahlung des Produktes auslösen kann).

Wie kann ein strukturiertes Produkt konkret aussehen?
Es kann als Basiswerte zum Beispiel die Aktien von drei Unternehmen enthalten. Weiter werden im Produkt die Laufzeit sowie der Zinssatz definiert. Klar aufgelistet sind auch die Bedingungen, die gewisse Handlungsoptionen auslösen. So kann beispielsweise definiert werden, dass keiner der drei Aktienkurse einen Barrierewert von 60 Prozent des fixierten Anfangskurses unterschreiten darf.

Wie unterscheidet sich ein strukturiertes Produkt von einer anderen Anlage?
Tritt das in einem Renditeoptimierungsprodukt definierte Szenario ein, erhält der Anleger nicht nur den angelegten Betrag zurück, sondern zusätzlich den vereinbarten Zins. Nur falls das Szenario nicht wie erwartet eintritt, muss der Anleger die Basiswerte in sein Depot übernehmen (siehe auch Frage zu den Risiken) oder erhält eine Barabgeltung. Anders bei einer direkten Anlage: Hier kauft ein Anleger gewisse Wertpapiere (etwa Aktien) und kann diese zu einem frei gewählten Zeitpunkt wieder verkaufen. Er erhält Dividenden, trägt jedoch auch das volle Risiko von Kursverlusten der Papiere.

Wer bietet solche Produkte an?
Strukturierte Produkte werden von grösseren Finanzinstituten und ihren darauf spezialisierten Abteilungen konstruiert. Banken wie die Ersparniskasse Schaffhausen arbeiten mit solchen Partnern zusammen und bieten die vordefinierten Produkte ihren Kundinnen und Kunden an.

Welche Renditen bringen strukturierte Produkte?
Die Renditen von strukturierten Produkten sind abhängig von der Kategorie, in der sie eingeteilt sind (siehe Kasten). Je nach Kategorie steigt das Ertragspotenzial, aber auch das Risiko. In der meistgehandelten Kategorie der Renditeoptimierungsprodukte lagen die realisierten Erträge in den vergangenen Jahren zwischen 3,5 und rund 6 Prozent. Davon werden noch die Kosten und Spesen der beteiligten Finanzinstitute abgezogen. Diese betragen in der Regel zwischen 1 und 1.5 Prozent der angelegten Summe.

Was sind die Vorteile?
Im aktuellen Tiefzinsumfeld erreichen
schon strukturierte Produkte mit einem mässigen Risiko eine deutlich höhere Rendite als brachliegendes Geld auf einem Sparkonto. Auch wer nur einen Teil seines Vermögens investiert, kann eine attraktive Rendite erzielen. Strukturierte Produkte sind zudem nicht zwingend an steigende Märkte gebunden.

Was sind die Risiken?
Wer heute gewinnbringend Geld anlegen möchte, muss dabei ein gewisses Risiko eingehen. Bei den strukturierten Produkten erhöhen sie sich je nach gewählter Kategorie. In jedem Fall werden die Risiken im Termsheet klar definiert. Möglich ist etwa die vorzeitige Auflösung der Vereinbarung und damit verbunden nur den Erhalt einer Rendite für die verkürzte Laufzeit. Im schlimmsten Fall muss ein Anleger die als Basiswerte festgelegten Wertpapiere oder Aktien zum höheren Anfangskurs in sein Depot übernehmen. Es steht ihm aber frei, die Papiere zu einem späteren Zeitpunkt wieder zu verkaufen – gegebenenfalls sogar mit Gewinn.

Wann kann man strukturierte Produkte erwerben und wann wieder aussteigen?
Finanzinstitute lancieren regelmässig strukturierte Produkte, die innerhalb der Zeichnungsfrist erworben werden können. Die Kunden können sich dann entscheiden, ob und mit welchem Betrag sie partizipieren. Die Rückzahlung des investierten Geldes und des Zinses erfolgt bei einem Renditeoptimierungsprodukt nach einer vordefinierten Laufzeit.

Welche Fragen müssen sich Anleger vor einem Erwerb stellen?
Strukturierte Produkte gibt es in zahlreichen Varianten. Die Anleger müssen sich fragen, welches Angebot ihre Markterwartung abbildet. Zentral ist dabei, wie risikobereit und wie risikofähig sie sind. Auch müssen sie entscheiden, welchen Betrag sie investieren wollen: Der Mindestbetrag liegt in der Regel bei 1000 Franken, sinnvoll ist eine solche Anlage aber erst ab rund 7000 Franken. Meist liegen die Investments in einzelne Produkte zwischen 20 000 und 50 000 Franken.

Soll man sich von einer Fachperson beraten lassen?
Strukturierte Produkte gehören zu den komplexeren Anlagemöglichkeiten. Es ist deshalb wichtig, sich von einer Fachperson eines Finanzdienstleisters umfassend beraten zu lassen. Fachleute können die Anleger bei ihren Entscheiden unterstützen und nehmen das im Vorfeld erstellte Risikoprofil des Kunden als Basis.
 

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