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«Die Zeiten von ‹ich mach' mal …› sind schon lange vorbei»

04.03.2020

Im Qualifikationsverfahren müssen angehende Berufsleute zeigen, auf welchem Weg sie zur Lösung des Problems kommen, und dass sie das Richtige tun. BILD MICHAEL KESSLER, TEXT ROLF FEHLMANN

Angehende Berufsleute müssen heute nicht mehr die Lehrabschlussprüfung bestehen, sondern das Qualifikationsverfahren. Dieses legt das Schwergewicht auf den Lösungsweg, statt nur das Schlussresultat zu bewerten.

Bei den Autoberufen sei bereits 2008 der Wechsel vollzogen worden von der Lehrabschlussprüfung zum Qualifikationsverfahren, sagt Patrick Gansser, Kursinstruktor am Kurszentrum der Schaffhauser Sektion des Auto Gewerbe Verbandes Schweiz. «Mit dem Qualifikationsverfahren bewerten wir in erster Linie die Handlungskompetenz der angehenden Berufsleute. Das bedeutet, dass wir den Weg stärker gewichten, auf dem jemand zur Lösung eines Problems kommt, als das Ergebnis selbst.» Moderne Fahrzeuge seien hochkomplex, so Gansser. «Darum sind die Zeiten von ‹ich mach' mal…› schon lange vorbei.» Hätte früher mechanisches Verständnis, gepaart mit Erfahrung, zum Erfolg geführt, gehe es heute vielmehr darum, dass die Fachperson in der Werkstatt wisse, welche Dokumente und Hilfsmittel sie brauche, um das Problem jetzt zu lösen, und wo sie diese finde. Die Devise laute: «Wissen ist, wo Wissen steht.»

Der Wechsel des Fokus vom Ergebnis zum Lösungsweg sei auch eine Antwort auf den Zielkonflikt, den die Berufsbildung immer wieder lösen müsse, sagt der erfahrene Ausbildner Gansser: «Passen wir die Anforderungen den Fähigkeiten unserer Kandidaten an oder den Erfordernissen der Wirtschaft?» Darum sei die Handlungskompetenz beim Qualifikationsverfahren zentral: «Wir wollen selbstständige Berufsleute ins Erwerbsleben entlassen.» Das zeige sich übrigens auch daran, wie die angehenden Berufsleute im Qualifikationsverfahren bewertet werden: «Bei der Lehrabschlussprüfung starteten die Kandidaten bei Null und mussten sich ihre Punkte erarbeiten», sagt Gansser. «Im Qualifikationsverfahren hingegen steigen sie mit der Maximalpunktzahl ein und erhalten Abzüge für falsch ausgeführte Arbeiten.» So würden sich – wie später in der Werkstatt – falsche Entscheidungen auf den Erfolg auswirken. Wie aber ist sichergestellt, dass sich nicht erst im Qualifikationsverfahren zeigt, ob jemand für den Beruf geeignet ist, den er gerade erlernt? Dazu arbeiteten der Lehrbetrieb und die Berufsschule eng zusammen, so Gansser. Die Ergebnisse dieser Zusammenarbeit würden in einem individuellen Ausbildungsordner der Lernenden festgehalten. Dazu zählen Schulnoten und -zeugnisse, die Beurteilungen aus den überbetrieblichen Kursen und die Ergebnisse der Standortgespräche im Lehrbetrieb. «Der Ausbildungsordner ist ein Instrument, das uns aufzeigt, ob der Lernende mit seiner Ausbildung auf Kurs ist. So können wir mögliche Probleme frühzeitig erkennen und rechtzeitig gemeinsam Gegensteuer geben.»

 

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