«Wir sind ein solider Betrieb»

Drei Generationen haben die Tamagni Getränke AG zu dem gemacht, was sie heute ist. In den nächsten Wochen feiert die Neuhauser Firma ihr 75-jähriges Bestehen. Sie erfreut sich bester Gesundheit. Von Vincent Fluck

Im Sommer 1946 kaufte Firmengründer Rodolfo Tamagni eine Neuhauser Limonadenfabrik und richtete sie auf den Getränkehandel aus. Unter Sohn Nerio Tamagni wechselte die Firma an den Standort im Chlaffental. Und unter Enkel Dino Tamagni wurde sie zu dem, was sie heute ist. Da der Vertreter der dritten Generation seit Anfang dieses Jahres Mitglied des Schaffhauser Regierungsrats ist und sich aus der Firma zurückgezogen hat, kümmert sich der Vertreter der zweiten Generation nun wieder vermehrt um das Geschäft, zumindest was die strategische Ausrichtung betrifft. Er kümmert sich auch um das 75-Jahr-Jubiläum, dass in den kommenden Wochen gefeiert wird (siehe Kasten).

Nerio Tamagni empfängt den Besucher im himmelblauen Firmengebäude an der Chlaffentalstrasse 100. Wie er erklärt, ging es beim Bau im Jahr 1974 darum, möglichst rationelle Abläufe zu schaffen. Das Gebäude ist Einkaufszentrum und Lagerhalle in ei-nem. Mit minimalstem Aufwand gelangen die Getränkebehälter vom Lastwagen direkt in den Verkaufsraum. Die Büros sind bewusst beim Ausgang angeordnet, sodass bei flauem Geschäftsgang eine Person ausreicht, um das Büro zu besetzen und sich gleichzeitig um die Kundschaft zu kümmern.

Abholmarkt mit Vinothek
In vier Stichworten ist auf einer grossen Tafel vor dem Eingang umschrieben, was die Kundinnen und Kunden bei der Ta-magni Getränke AG erwartet: Abholmarkt, Hauslieferdienst, Vinothek und Festservice. Der Abholmarkt bietet eine breite Auswahl, an Mineralwassern, Süssgetränken, Apfel- und Fruchtgetränken, Bieren, vergorenen Obstsäften und Spirituosen. In einer stilvollen Vinothek sind zudem Weine präsentiert. Erhältlich seien Tropfen aus der ganzen Welt, sagt der Seniorchef. Doch sein Sohn Dino habe bewusst den Fokus auf hiesige Weine gelegt. Nebst Weinen aus der ganzen Schweiz sind vor allem solche aus der Region erhältlich. «Wir haben das grösste Sortiment an Schaffhauser Weinen», sagt Nerio Tamagni. So sind die Erzeugnisse von 15 bis 20 Schaffhauser Kellereien erhältlich. Man braucht nicht von Kellerei zu Kellerei durch den ganzen Kanton zu fahren, sondern findet sie an der Chlaffentalstrasse an einem einzigen Ort vereint. Abgerundet wird das Angebot mit kulinarischen Spezialitäten aus Italien und Serbien, der Heimat von Nerio Tamagnis Frau Ruža, sowie Kaffee und Teigwaren. Wer auf der Suche nach einem Geschenk ist, wird ebenfalls fündig – etwa in Form eines Geschenkkorbs oder einer Spirituosenflasche mit persönlich beschrifteter Etikette. Dies ist ein Geschäftsbereich, den Cinzia Tamagni, die Ehefrau von Dino Tamagni, aufgebaut hat.

Auslieferung in die ganze Region
Was im Abholmarkt erhältlich ist, kann man sich auch mit dem Lieferservice nach Hause bringen lassen. Angefahren wird der ganze Kanton Schaffhausen, inklusive dem Oberen und dem Unteren Kantonsteil, und die angrenzenden Gebiete der Kantone Thurgau und Zürich.

«Wir beliefern grundsätzlich alle», sagt Nerio Tamagni. Nebst Privathaushalten gehören auch Gastrobetriebe und Firmen dazu, die Getränke für ihre Mitarbeitenden bestellen. Diese breite Abstützung machte sich während der Coronapandemie bezahlt. Während die Bestellungen der Gastronomie und der Betriebe zurückgingen, stiegen die Bestellungen der Haushalte, da viele Menschen im Homeoffice waren. «Das führte dazu, dass der Einbruch bei uns nicht so gross war wie bei anderen», sagt Nerio Tamagni. «Mit ein bisschen Kurzarbeitsentschädigung sind wir relativ gut über die Runden gekommen. Wir gehören nicht zu den Betrieben, die jammern müssen.»

Zubehör für grosse Feste
Der vierte Bereich, der Festservice, umfasst die ganze Infrastruktur, die es nebst Getränken braucht, um ein kleines oder ein grosses Fest auf die Beine zu stellen. In diesem Bereich herrschte in den letzten Monaten Ruhe, doch nun zieht die Nachfrage wieder an. Im Angebot sind Festbänke und Festtische, Bar- und Buffettische, Kühlschränke, Kühlwagen, Geschirr und Sonnenschirme. «Auf Wunsch organisieren wir das ganze Fest», sagt Nerio Tamagni. Über Partnerbetriebe wird in so einem Fall auch das Essen organisiert. Dank einer Geschirrwaschanlage und einer Dampfanlage kann das ausgeliehene Material am Schluss wieder gereinigt werden.

Mitarbeitende sind wichtig
Die Tamagni Getränke AG erzielt im 75. Jahr seit ihrer Gründung einen Jahresumsatz von 2,5 Millionen Franken. Zurzeit beschäftigt sie acht Personen, darunter sind zwei Lernende. «Uns geht es gut», sagt Nerio Tamagni. «Wir sind ein solider Betrieb und stehen finanziell gut da. Coronakredite mussten wir keine aufnehmen.» Ziel sei nicht, auf Teufel komm raus Gewinn zu machen. «Die Löhne zahlen und die Amortisationen tätigen ist für uns die Hauptsache.» Schliesslich sei man ein langfristig denkender Familienbetrieb, dem das Wohlergehen der Mitarbeitenden ein grosses Anliegen sei. Zur Stabilität trägt auch die Partnerschaft mit der Falkenbrauerei bei. Diese hält eine Aktienminderheit am Neuhauser Unternehmen. Bevor Dino Tamagni in die Regierung wechselte, arbeitete er in einem Teilzeitpensum als Finanzchef für die Brauerei.

Eingangs dieses Artikels sind die drei Männer aufgezählt, die die Firma Tamagni Getränke AG über drei Generationen hinweg geprägt haben. Aber natürlich wäre es nicht gegangen ohne die Gattinnen Azelia, Ruža und Cinzia, sagt Seniorchef Nerio Tamagni. «Der Betrieb wäre nicht da, wo er heute ist, ohne die tatkräftige Mitarbeit der drei Frauen.»