Wer hier in der Pflege hilft, muss Deutsch verstehen und sprechen. Das Rote Kreuz Schaffhausen führt Kurse durch, die auf den Pflegehilfe-Lehrgang vorbereiten.
«Für Fremdsprachige [...] bieten wir Vorbereitungs- und Stützunterricht an», heisst es auf dem Informationsblatt zum «Lehrgang Pflegehelfer/-in SRK» des Schweizerischen Roten Kreuzes. Wie geht es zu in diesen Kursen?
Eine Gruppe von sechs Frauen und zwei Männern aus drei Kontinenten sitzt in einem der neuen Schulungsräume des Roten Kreuzes Schaffhausen an der Stauffacherstrasse 36. Anna Biermann, die Kursleiterin für «Deutsch als Zweitsprache in der Pflege», spricht in makellosem Hochdeutsch von den Schwierigkeiten der Kommunikation. – Dieses Thema dürfte allen acht Teilnehmenden aus eigener Erfahrung bestens bekannt sein, ist doch niemandes Muttersprache Deutsch. Für die nächste Woche kündigt die Leiterin eine Exkursion ins Spital an – dort wird man Schweizerdeutsch mit ihnen sprechen.
Die Hausaufgabe bestand darin, zwei Seiten «Grundlagen der Kommunikation» zu lesen, einen theoretischen Text, der auch für Deutschsprachige manche Knacknuss in Form von Fremdwörtern bereithält.
Mimik und Gestik sind entscheidend
Als Übung und zum besseren Verständnis des Textes, der aus einem offiziellen Lehrbuch der Pflegehilfe stammt, wird er in zwei Vierergruppen besprochen. Die eine Gruppe untersucht die Art, wie wir kommunizieren – verbal einerseits, nonverbal mit Mimik, Gestik und Körpersprache andererseits –, stellt die Möglichkeiten auf der Flipchart zusammen und zeigt die Gesten, wenn man etwas nicht hören will, und die Mimik, wenn etwas stinkt.
Die andere Gruppe untersucht den Text intensiv auf die Frage, was Kommunikation schwierig macht, und listet in ihrer Präsentation einiges auf: Wer taub ist, stumm oder schwerhörig, hat es schwer mit der verbalen Kommunikation, klar. Dass diese jedoch fast unmöglich ist, wenn man die Sprache des Gegenübers nicht versteht, wird überraschenderweise von der Gruppe nicht thematisiert. Dafür kommen Nähe und Distanz zur Sprache.
Gemeinsam mit der Leiterin kommen die Gruppen zum Schluss, dass die nonverbale Kommunikation viel mehr umfasst als die verbale – und von Kindern und alten Menschen sofort und intuitiv verstanden wird. Das ist die gute Nachricht, denn es bedeutet, dass die Ausstrahlung einer Pflegehelferin, eines Pflegehelfers in der Alterspflege entscheidend ist – auch wenn es mit der deutschen Sprache noch hapern sollte. Wichtig ist aber, jeweils anzukündigen, wenn man etwas machen wird, und nicht einfach ohne Worte anzufangen, also zum Beispiel: «Frau Müller, ich kämme Ihr Haar.» Die Höflichkeitsform ist dabei der Ausdruck von Respekt vor dem Gegenüber. Aus Respekt sind auch Worte wie «füttern» oder «Windeln» tabu – sie gehören in die Welt der Kleinkinder, lernen wir. In einem Pflegezimmer mit zwei Betten werden die Situationen «Aufwecken und waschen» und «Frühstück» in Zweierteams durchgespielt – einmal ohne, einmal mit dem nötigen Respekt. Es geht um die Hilfestellung beim Aufstehen und beim Zähneputzen, um die Wörter Handtuch, Zahnbürste und Kamm, um die Fragen «Haben Sie gut geschlafen?» und «Tee oder Kaffee?»
Manche der Teilnehmenden sind ganz offensichtlich gute Beobachter und haben in der Praxis dank ihrer natürlichen Empathie bereits Erfahrungen mit Kommunikationssituationen in der Pflege alter Menschen gesammelt: «Wer neu ins Altersheim kommt, fühlt sich selber isoliert», stellt eine Teilnehmerin fest, und eine zweite ergänzt: «Sie vertrauen nicht und halten Abstand, weil Vieles ungewohnt ist.»
Anna Biermann ist von Hause aus Deutschlehrerin, seit 2017 unterrichtet sie in Schaffhausen Deutsch als Zweitsprache (DAZ) für das Rote Kreuz Schaffhausen. Sie schätzt die Praxisnähe und bewundert die Kursteilnehmenden für den Spagat zwischen Hochdeutsch und Schweizerdeutsch.