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Marthaler Genossenschaft produziert für Gemeinde Strom

08.02.2024

Bild: Pixabay

Eine Marthaler Genossenschaft hat ihre bislang grösste Solaranlage aufgezogen. Davon profitiert die Elektrizitätsgenossenschaft – und die Gemeinde. Von Alexander Joho

Seit vergangener Woche ist die neue, 1500 Quadratmeter grosse Fotovoltaikanlage in Betrieb. Über das ganze Jahr verteilt sollen es bis zu 270'000 Kilowattstunden Solarstrom sein, die hier, im Marthaler Gewerbegebiet «Seeben», produziert werden und ins lokale Netz der Elektrizitätsgenossenschaft Marthalen (EGM) fliessen; der Panelhersteller garantiert 80 Prozent Leistung für die kommenden 20 Jahre.
Ortsbildschutz wird nicht tangiert

Erstellen lassen hat die Fotovoltaikanlage mit 280 Kilowatt Spitze die Genossenschaft Genosol Martella, die seit 1993 aktiv ist und aktuell gegen 100 Genossenschafter und genauso viele Abonnenten zählt, grösstenteils aus Marthalen selbst.

Die grossen Genosol-Gemeinschaftsanlagen sollen laut Gründer und Genossenschaftspräsident Hans-Ulrich Vollenweider eine Alternative zu individuellen Dachsolaranlagen bieten, die Konflikte mit dem Ortsbildschutz und der Denkmalpflege auslösen können. Die Anlage im Marthaler Industriegebiet ist dabei die bislang grösste, welche die Genossenschaft je hat bauen lassen. Kostenpunkt: 360'000 Franken.
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In 30 Jahren hat sich in Sachen Preis-Leistungs-Verhältnis auf dem Solarstrommarkt einiges getan. Hans-Ulrich Vollenweider sagt dazu: «Die Solarenergie war einmal teuer, heute ist sie der günstigste Stromlieferant.» Begonnen hatte für die Genosol Martella alles mit dem Bau der 8 Kilowatt Peak starken, damals 200'000 Franken teuren Fotovoltaikanlage auf dem Dach der Sekundarschule. Herausragend aus Genossenschaftssicht war die Installation des Windrads auf dem Dach der Landi Marthalen; die Leichtwindanlage hielt über zwanzig Jahre lang und musste vergangenen September aufgrund von Betriebsproblemen und veralteter Technik demontiert werden, zum Bedauern der Landi: Das Windrad, eines der wenigen in der Region, war zu einer Art «Wahrzeichen», auch für das Zürcher Weinland, geworden.


Nachfrage nach E-Lkw steigt

Den Anstoss zum Bau der Fotovoltaikanlage im Industriegebiet gab der Marthaler Gemeinderat: Der Strombedarf für die eigenen Liegenschaften und die öffentliche Beleuchtung soll auf dem Gemeindegebiet produziert werden. Die Genosol Martella, an der die Gemeinde seit der Gründung beteiligt ist und in welcher derzeit der SVP-Gemeindepräsident Matthias Stutz im Vorstand sitzt, wurde eingeladen, ein Projekt zu entwickeln.

Aktuell ist der Eigenverbrauch im Gebäude der Hansjörg Rüeger AG, auf dessen Dach sich die neueste Genosol-Fotovoltaikanlage befindet, noch gering, nämlich gegen 10'000 Kilowattstunden jährlich, rund die Hälfte davon aus Solarstrom. Das könne sich aber in den nächsten Jahren ändern, wie Hans-Ulrich Vollenweider erklärt.

Das hat einen guten Grund: Mittlerweile sind E-Lastwagen auf dem Markt und im regionalen Güterverkehr im Einsatz. Gemäss einer von der BKW Energie AG in Auftrag gegebenen und vom Bund mitgetragenen Studie von Ende November 2023 erwarten sämtliche Fahrzeughersteller bis 2025 ein starkes Wachstum bei den Neuzulassungen batterie-elektrischer Lastwagen, das bei einem geschätzten Marktanteil von 16 Prozent im kommenden Jahr.

Auch die Hansjörg Rüeger AG werde die Neuanschaffung batteriegetriebener Lastwagen prüfen, sagt Co-Geschäftsführerin Claudia Rüeger, denn für Muldentransporte oder die regionale Lieferung von Pellets wäre die Reichweite von Elektrolastwagen ausreichend.


Mittel hin zur «Energie-Stadt»

Die Kooperation zwischen Gemeinde, Genossenschaft und Transportunternehmen wurde vor Kurzem vertraglich festgehalten. Die Gemeinde unterstützt die Solarstromproduktion, indem sie die ökologischen Herkunftsnachweise kauft. Das stütze auch ihre Qualifikation als «Energie-Stadt», schreibt Vollenweider in einer Medienmitteilung.

Die Firma Rüeger decke den eigenen Stromverbrauch soweit möglich aus der Solarproduktion, stelle das Dach kostenlos zur Verfügung und habe die Möglichkeit, die Anlage später von der Genossenschaft zu erwerben. Diese betreibt die aus eigenen Mitteln und mit Darlehen von Mitgliedern finanzierte Anlage. Die EGM schliesslich, ebenfalls Mitglied der Genossenschaft seit deren Gründung, übernimmt den nicht vor Ort verbrauchten Strom in ihr eigenes Netz und bezahlt dafür einen Preis nach den gesetzlichen Vorgaben.

Die Nachfrage nach grossen Fotovoltaikanlagen besteht im Weinland weiterhin: Die Genosol Martella plant als nächstes mit einer Installation im Rheinauer Gebiet «Im Pflueg», auf dem Dach eines Landwirtschaftsbetriebs der Stiftung Fintan in der Nähe der Klinik Rheinau.

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