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Ein Keltendorf in Osterfingen

05.04.2017

Am letzten Freitag (31. März 2017) wurde die zweite Kampagne der archäologischen Ausgrabungen in Osterfingen abgeschlossen. Während drei Monaten hat die Kantonsarchäologie Schaffhausen einen weiteren Bereich der keltischen Siedlung untersucht, welche im Herbst 2015 bei Bauarbeiten entdeckt worden war. Bereits die Ergebnisse der ersten Kampagne im Winter 2015/16 machten deutlich, dass hier eine überregional bedeutsame Fundstelle vorliegt. Die Untersuchungen geben neue, spannende und wissenschaftlich bedeutsame Einblicke in das bisher wenig bekannte Leben der Kelten in unserer Region.

Auslöser für die Grabungsarbeiten war der Bau einer Ovalbahn für Islandpferde eingangs Osterfingen. Das leicht abfallende Gelände am Rande des Talbodens musste dazu ausgeebnet werden, was Materialabtragungen von bis zu einem Meter zur Folge hatte. In diesem Bereich wären die archäologischen Überreste zerstört worden und mussten deshalb vorgängig freigelegt und dokumentiert werden. Auf über 1000 m2 lagen Funde und Siedlungsspuren in hervorragender Erhaltung vor.

Die Anfänge der keltischen Siedlung reichen zurück in die frühe Eisenzeit (Hallstattzeit, 800-550 v.Chr.). Im 6. Jahrhundert v.Chr. liessen sich hier Menschen vom Volk der Kelten nieder. Sie errichteten Wohnhäuser und zwei sogenannte Grubenhäuser. Ein Webgewicht, Spinnwirtel und Nähnadeln belegen die Verwendung dieser halb eingetieften Gebäude als Werkstätten für die Herstellung feiner Stoffe. Schweizweit sind bisher erst drei derartige Grubenhäuser aus der Hallstattzeit bekannt. Von den Wohnhäusern haben sich hunderte von Pfostenstandorten erhalten. Sie zeichneten sich als dunkle Verfärbungen im Boden ab. Daneben wurden Vorrats- und Abfallgruben, Reste von Öfen und ein Kiesweg ausgegraben. Das Siedlungsareal ist auf einer Seite begrenzt durch einen bis zu vier Meter breiten Graben. Er stellt aktuell die einzige sichere Grenze des Dorfes dar, dessen Gesamtausdehnung weit über die untersuchte Fläche hinausreicht.

Bereits jetzt ist klar, dass es sich um eine mehrphasige, mindestens 150 Jahre bestehende Siedlung handelte. Mehrere der bisher rekonstruierten Hausgrundrisse überschneiden sich. Gleichzeitig lässt sich auch sagen, dass die Siedlungsstruktur durchdacht und geordnet war. Eine spätere Nutzungsphase desselben Areals zeigt eine etwas andere Organisation. So war der Umfassungsgraben zu jener Zeit bereits zugeschüttet und über ihm verlief ein Kiesweg. In dieser Epoche ist die Geschirrherstellung zentral: Gleich zwei Töpferöfen aus der späten Eisenzeit (Latènezeit, 550-15 v.Chr.) wurden freigelegt und untersucht. Sie waren so gut erhalten, dass der Feuerungsprozess mit je zwei Gruben und drei Luftkanälen eindeutig nachvollziehbar ist. Die Öfen waren, nachdem sie nicht mehr gebraucht wurden, mit dem Abfall eines Fehlbrandes aufgefüllt worden. Diese Scherben stellen einen Glücksfall dar, zeigen sie doch das Können der keltischen Töpfer und die Besonderheiten der lokalen Geschirrherstellung. Produziert wurden hier grobe Kochtöpfe, robuste Vorratsgefässe und hochwertige Schüsseln.

Das überaus reichhaltige Fundmaterial aus allen Lebensbereichen erlaubt Rückschlüsse auf den Alltag und die Ernährung der Kelten in Osterfingen. Knochenfunde von Hirsch, Schwein, Schaf und Huhn belegen Jagd und die Haltung von Nutztieren; der Getreideanbau ist über Vorratsgruben mit Körnern und einen Darrofen fassbar. Mit einem kleinen Schleifstein wurden Messer geschärft, Gewänder wurden mit kunstvoll gearbeiteten Fibeln (Sicherheitsnadeln) zusammengehalten, die Frauen steckten ihre Haare mit feinen Bronzenadeln fest.

Einzelne Fundstücke zeigen eine weite Vernetzung des Ortes auf: Eine der Fibeln dürfte aus dem Tessin stammen, eine andere ist mit Koralle aus dem Mittelmeerraum verziert. Aus dem Gebiet des heutigen Tschechien stammen eine Glasperle und eine weitere Fibel. Ein Bronzeblech mit dem Gesicht eines Mannes mit Schnurrbart hat ihren Ursprung wohl im etruskischen Reich. All diese Funde belegen, dass die keltische Siedlung von Osterfingen in regem Austausch stand und selber ein zumindest für die Region bedeutender Ort war.

Veranstaltungshinweis: Vortrag über die Grabungen in Osterfingen
Freitag 7. April 2017, 20 Uhr, Bergtrotte Osterfingen, organisiert durch die Volkshochschule Klettgau, Eintritt frei (Kollekte).

Die Kantonsarchäologin und Grabungsleiterin Kathrin Schäppi stellt im Vortrag die Ergebnisse der Ausgrabungen in Osterfingen erstmals der Öffentlichkeit vor. Danach können einige ausgewählte Funde besichtigt werden.

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